In unserem Blog bieten wir Ihnen viel mehr als nur Informationen rund um das Dolmetschen und Übersetzen für Russisch, Englisch und Deutsch. Hier berichten wir über unsere Erfahrungen bei GMP-Inspektionen durch ausländische Behörden und schildern Ihnen einige wertvolle Empfehlungen, wie Sie Ihre GMP-Inspektion oder ein GMP-Audit erfolgreich bestehen. Ferner erhalten Sie hier in regelmäßigen Abständen wertvolle Informationen über den russischen und belarussischen (weißrussischen) Pharmamarkt sowie den Markt der Eurasischen Wirtschaftsunion (EAWU). Als begeisterte Pharmadolmetscher und GMP-Übersetzer freuen wir uns, Ihnen wertvolle Informationen zur Firmengeschichte der weltweit größten Pharmahersteller und deren Erfolgsrezepten präsentieren zu dürfen.
Boehringer Ingelheim nimmt einen führenden Platz unter den Pharmaunternehmen in Deutschland, Österreich und der Schweiz ein. GMP-Übersetzer und Pharma-Dolmetscher kommen regelmäßig bei GMP-Inspektionen an den Produktionsstandorten zum Einsatz.
Im Städtchen Nieder-Ingelheim, heute Teil von Ingelheim am Rhein, wurde 1885 das Pharmaunternehmen Boehringer Ingelheim gegründet. Namensgeber Albert Boehringer startete mit 28 Mitarbeitern – als er 1939 starb, waren es bereits 1.500. Die Firma wurde von seinen beiden Söhnen und seinem Schwiegersohn weitergeführt und ist bis zum heutigen Tag in Familienbesitz. Im Jahr 1917 wurde die wissenschaftliche Abteilung gegründet. Der immer noch hohe Stellenwert von pharmazeutischer Forschung und Entwicklung gehört zur DNA von Boehringer Ingelheim.
Im Zweiten Weltkrieg wird das Pharmaunternehmen angewiesen, die Produktion zu dezentralisieren und einen neuen Standort zu gründen. Dieser entsteht in Biberach an der Riß, wo sich seit den neunziger Jahren das Forschungs- und Entwicklungszentrum befindet. Am Stammsitz in Ingelheim hingegen findet hingegen fast die komplette einheimische pharmazeutische Produktion statt – mit Ausnahme der Biopharmazeutika. Bald nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs wird in Wien die erste Auslandsgesellschaft gegründet. Dadurch wird Boehringer Ingelheim zu einer gewichtigen Größe der Pharmaindustrie in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Die folgenden Jahrzehnte stehen im Zeichen der internationalen Expansion, vor allem innerhalb Europas und auf dem amerikanischen Kontinent. 1955 steigt Boehringer Ingelheim in den Bereich der Tiergesundheit ein, auch heute noch ein wichtiger Eckpfeiler des deutschen Pharmaunternehmens. Zuletzt wurde dieser Teilbereich im Jahr 2017 durch die Übernahme der Tiergesundheitssparte des französischen Pharmaunternehmens Sanofi erheblich gestärkt. 2020 folgte die Akquisition des Schweizer Biotech-Unternehmens NBE Therapeutics. Auch nach fast 140 Jahren Firmengeschichte befindet sich Boehringer Ingelheim in Familienbesitz und besetzt damit Platz 14 der größten familiengeführten Unternehmen Deutschlands. Bei den deutschen Pharmaunternehmen belegt Boehringer Ingelheim Platz zwei nach Bayer und noch vor Merck.
Heute zählt Boehringer Ingelheim weltweit mehr als 53.000 Mitarbeiter, davon über 17.000 in Deutschland. 2022 betrug der Jahresumsatz über 24 Mrd. Euro. Damit gehört das Ingelheimer Pharmaunternehmen zu den 20 größten Pharmakonzernen der Welt. Der Löwenanteil wird dabei im Bereich Humanpharma (mit einem Schwerpunkt auf Diabetesmedikamenten) erwirtschaftet; zum Firmenportfolio gehören außerdem die Sparten Tiergesundheit und biopharmazeutische Auftragsproduktion. In Österreich hat das deutsche Pharmaunternehmen 2021 einen neuen Standort für die Produktion von Biopharmazeutika eröffnet. Im Bereich Forschung unterhält Boehringer Ingelheim außerdem Standorte in der Schweiz und weiteren Ländern. Am Stammsitz in Ingelheim wurde zuletzt kräftig investiert, u. a. in eine neue Fabrik für die Herstellung von festen Arzneimitteln in Tablettenform während der Phase der Markteinführung.
Die Pharmazeutika, die bei Boehringer Ingelheim in Deutschland und Österreich hergestellt werden, müssen von der Arzneimittelbehörde des jeweiligen Zielmarktes erst zugelassen werden, damit sie anschließend an die Kunden gebracht werden können. Zu diesem Zweck werden die pharmazeutischen Produktionsstandorte im Rahmen einer GMP-Inspektion auf die Einhaltung der geltenden GMP-Richtlinien überprüft. Diese regeln die Bedingungen, unter denen die Produktion von Pharmazeutika stattfinden muss und unter denen die Qualität kontrolliert und gesichert wird. In der Praxis kann das z. B. so aussehen: Boehringer Ingelheim möchte ein erfolgreiches Diabetesmedikament, das in Ingelheim hergestellt wird, in Russland auf den Markt bringen. Die zuständige Behörde ist dann das russische Institut GILS i NP, wenn es um Humanarzneimittel geht. Im Falle von Tierarzneimitteln ist in Russland die Behörde VGNKI für die Durchführung von GMP-Inspektionen zuständig. Ist von Boehringer Ingelheim eine GMP-Inspektion des deutschen Produktionsstandorts beantragt worden, werden vom GILS i NP russische GMP-Inspektoren nach Ingelheim mit dem Auftrag entsandt, die dortigen Produktionsbedingungen auf Konformität mit den in der EAWU geltenden GMP-Richtlinien zu überprüfen. In aller Regel sprechen die russischen GMP-Inspektoren nur Russisch, während am zu inspizierenden Standort Deutsch, eventuell auch Englisch gesprochen wird. Aufgabe der GMP-Übersetzer ist es nun, alle notwendigen schriftlichen pharmazeutischen Übersetzungen vor und während der GMP-Inspektion zu erledigen und das Gespräch zwischen Standortmitarbeitern und russischen GMP-Inspektoren durch fachkundiges Pharma-Dolmetschen überhaupt zu ermöglichen. Für diese sensible Aufgabe werden in aller Regel nur qualifizierte Übersetzer und Dolmetscher eingesetzt – ein nicht unwesentlicher Faktor für das Bestehen der GMP-Inspektion. Nach einem positiven Ergebnis kann dann die Zulassung des Medikaments in Russland bzw. in den Staaten der Eurasischen Wirtschaftsunion (EAWU) erfolgen.
Mit diesem Blogbeitrag endet unsere Artikelreihe über die Big Five der Pharmaindustrie in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Wir hoffen, Ihnen ein kurzweiliges Leseerlebnis verschafft zu haben, und werden Ihnen natürlich weiterhin spannende Einblicke in die Pharmaindustrie und interessante Fakten mit Bezug auf GMP-Inspektionen und Herausforderungen für GMP-Übersetzer und Pharma-Dolmetscher gewähren.
Bild: National Cancer Institute, unsplash.com